13.02.2020

SV Rödinghausen verzichtet auf möglichen Drittliga-Aufstieg

Von Carsten Schulte - Der SV Rödinghausen ist Tabellenführer der Regionalliga West und hat beste Aussichten auf den Titel und die Aufstiegsspiele zur 3. Liga. Daraus wird allerdings nichts werden - der Klub will gar nicht aufsteigen.

Die Gerüchte über eine Diskussion um den Aufstieg des SV Rödinghausen hatte es schon länger gegeben. Auch weil der SVR in den vergangenen Wochen klare Aussagen in Sachen Aufstieg stets vermieden hatte. Immer hieß es: Man denke über alles nach.

Nun ist die Entscheidung gefallen. Mannschaft und Trainerteam wurde darüber informiert, dass der SV Rödinghausen sich nicht um eine Zulassung zur 3. Liga bewerben werde. "Wir haben die Anforderungen des DFB bis ins letzte Detail geprüft, gerechnet, diskutiert und sind zum Entschluss gekommen: Wir werden die Lizenz für Liga 3 nicht beantragen", so Geschäftsführer Alexander Müller.


Die Argumente des Klubs sind im Grunde durchaus nachvollziehbar: In der 3. Liga verschärft der DFB die Auflagen an die Infrastruktur erheblich. Mindestens 10.000 Zuschauer, dazu reichlich Platz für Medien, TV-Anstalten oder neue Parkplätze und Toilettenanlagen sind Pflicht. Eine Rasenheizung ist Quasi-Pflicht. Weil der SVR lediglich über ein Stadion für rund 3000 Zuschauer verfügt, würde es nur zwei Lösungen geben: Neu- oder Umbau und einen Umzug nach Osnabrück, Bielelfeld oder Lotte. Letzteres war keine Option für den Klub, aber an einen Stadionumbau, noch dazu einen schnellen, war nicht zu denken.

Das kleine Wiehenstadion verfügt zwar über eine moderne Haupttribüne, aber der Rest des Stadions ist nicht ansatzweise drittliga-tauglich. Eine Erweiterung wäre wegen benachbarter Straße nur schwer oder gar nicht möglich. Das alles waren erhebliche Hürden. "Der DFB stellt die Anforderungen für die 3. Liga bei sämtlichen Vereinen auf eine Stufe, egal, ob du jetzt in Duisburg, München oder Rödinghausen spielst", so Müller dazu. Eine Klage, die in der Vergangenheit schon viele Aufsteiger oder solche, die überraschend in solche Szenarien gerückt waren, geäußert hatten.

Der Klub betont, wie schwer die Entscheidung allen gefallen sei. Und verwies darauf, dass diese sportliche Perspektive nicht immer so real schien wie heute. "Es war nie geplant, dass man es in 10 Jahren von der Kreisliga A zum Spitzenreiter der Regionalliga West schafft."

Es heißt beim SVR: "Immer wieder haben sich Vorstand, Sponsoren und Geschäftsführung in den letzten Wochen und Monaten intensiv beraten. Und sie waren und sind sich einig: Ein Verein, der bei einer unglaublich starken Konkurrenz die Tabelle der Regionalliga West anführt, hat nicht nur seine Hausaufgaben gemacht. Hier ist etwas gewachsen, das Potential für Liga 3 und noch viel mehr hat." Das beißt sich allerdings erheblich mit der aktuellen Entscheidung. Das ist auch dem Klub klar, der das in seiner Mitteilung auch so formuliert. "Wer auf die Tabelle sieht, wer die Sponsoren des Vereins kennt, für den ist die Entscheidung von heute schwer nachzuvollziehen."



Das Problem: Der SV Rödinghausen spricht zwar von einer phänomenalen Entwicklung und dem Potenzial für die 3. Liga und sogar "noch viel mehr" - aber offensichtlich kommt das Thema Aufstieg wiederum derart plötzlich, dass keinerlei Plan vorlag. Und das ist an der Entscheidung aus Rödinghausen so unverständlich. Der Aufstiegsfall war in Rödinghausen seit einigen Jahren durchaus denkbar - ein gutes bis sehr gutes Regionalliga-Team stellt der SVR nicht erst in dieser Saison. Warum wurde die Aufstiegs-Frage erst im Februar 2020 beantwortet? Warum gab es keine früheren Überlegungen oder Pläne? Oder wer weiß: Vielleicht gab es sie ja und sie enthielten die gleichen Erkenntnisse wie heute - nur sollten sie nicht öffentlich sein?

Schließlich wollen Sponsoren, Fans und Spieler nicht vor den Kopf gestoßen werden. Der Klub warb ja auch mit seinen Ambitionen.

Jetzt steht beim SVR erst einmal eine "Neuerfindung" an. Die Ziele sollen ähnlich bleiben - vom Aufstieg und dem Kurs einmal abgesehen. "Wir wollen jeden Spieler besser machen. Wir wollen fördern, so wie bisher auch. Unser Verein darf auch in Zukunft eine Art Qualitätszentrum für den Fußball sein. Wir wollen auch in Zukunft zu den Topmannschaften der Regionalliga zählen und uns möglichst für den DFB-Pokal qualifizieren", so der Geschäftsführer. Als ambitionierter Klub will der SVR weiterhin eine Anlaufstelle für ebenso ambitionierte Spieler sein - aber eben mit der klaren Ansage: Regionalliga.


Profitieren würden am Ende von Rödinghausens Verzicht der Tabellenzweite der Regionalliga West. Das wäre aktuelle der SV Verl, aber im Verfolgerfeld stecken auch Oberhausen und Essen. Wobei fraglich ist, ob das Team des SVR diese bittere Nachricht sportlich wegsteckt - oder ob es mangels Perspektive nun etwas an Motivation fehlen wird. Um den Aufstieg kämpft die Mannschaft ab sofort nicht mehr. Ob man das in Essen so gern liest? Gerade erst gewann der SVR das Spitzenspiel an der Hafenstraße mit 2:0. Da kam die Nachricht vom Aufstiegsverzicht etwas zu spät...